Alles Normal oder was?

Ich entdecke in mir zunehmend eine Normalophobie. Was ist das? Das ist eine Aversion gegen Normal, den Begriff, der versucht etwas zu beschreiben, das es nicht gibt.
Da antwortete mir z. Bsp. einer auf einen Kommentar: „die wortwahl „Hetenmänner“ sagt schon alles … von mir aus soll jeder lieben wen und wie er will, aber „Hetenmänner“ hört sich meiner meinung nach als „normal-sexueller“ schon ähnlich „diskrimminierend“ an wie für schwule „Schwuchtel“ … Nenne „Hetenmänner“ besser Heterosexuell oder von mir aus „normalos“ wenn du schon Gender-Themen wild einwirfst …“       – Zweimal bezeichnet er sich als normal.

Unter uns wird es nun offensichtlich, dass immer mehr auch das Bedürfnis haben, normal zu sein. Je sichtbarer wir werden, desto normaler wollen wir rüberkommen, nicht gleich als Homo erkannt werden, homo sein ist eben noch nicht ganz normal. Wer als Schwuler nicht Heterolike rüber oder Straight-Acting daher kommt, passt nicht ins Selbstbild, mit dem kann der richtige Homomann sich nicht identifizieren. Er hat für sich definiert wie ein Mann zu sein und sich zu benehmen hat. Normal eben. Einfach normal.

Transmenschen wollen, dass wir sie verstehen, fragen soll man aber nicht. Halt, ich korrigiere mich, fragen schon, nur, es müssen die richtigen Fragen sein. Wenn ich eine falsche Frage stelle, bin ich schon fast transphob, auf jeden Fall aber schon mal ein normales Cisloch, ein ignorantes.

Es ist ja nichts Aussergewöhnliches, und ich darf mir das Staunen – und ich rede vom neugierigen, konstruktiven Staunen, vom kindlichen Staunen – nicht anmerken lassen, muss ganz normal bleiben und normal damit umgehen. Also muss ich normale Fragen stellen. Da frag ich schon mal gar nicht mehr, weil ich nicht weiss, was normal ist. Ich weiss es nicht. Es gibt Cola, Cola Zero, Cola Light. Ich bestelle eine Cola und werde gefragt: „Eine normale?“ Normal …

Was ist eigentlich normal? Nichts oder alles. Normal ist keine feste Grösse, mit der wir uns ständig vergleichen sollen. Vielleicht ist normal eine Empfindung, ein Gefühl. Es ist normal, dass man sich so und so fühlt wenn man das und das erlebt. Allerdings erleben zwei dasselbe und fühlen nicht dasselbe. Also auch da: Normal war schon in greifbarer Nähe und ist mir wieder entwischt.

Normal wäre es wohl jemandem zu helfen, der in Not ist. Wenn, dann hat normal nichts mit Sein zu tun, dafür umso mehr mit tun, mit handeln.

Ist das normal? Oder wird das einfach nur zur Gewohnheit? Bin ich normal? Definitiv nicht. Welcome aboard the non-stop-flight to Madness oder sonst wohin, egal, einfach weg, bevor mich das Toleranz-Insuffizienz-Virus erwischt, ausgelöst durch den Glauben, normal zu sein. Das ist doch nicht normal.

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